Corona Arbeitsrecht


Corona Arbeitsrecht


Aktuelle arbeitsrechtliche und sonstige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Corona-Situation




Januar 2022


Impfpflicht in Heil- und Pflegeberufen

 

Was ist passiert?

 

Während die Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht noch kaum richtig Fahrt aufgenommen hat, rückt das Datum, ab dem die Impfpflicht für Beschäftigte in Heil- und Pflegeberufen gilt, näher. Stichtag ist der 15.03.2022. Bislang ist die Impfpflicht befristet und würde am 31.12.2022 wieder enden. Es ist jedoch möglich, dass diese verlängert wird.

 

Was kann man machen?

 

Generell gilt das, was im Prinzip bei allen Problemen gilt: Man sollte erst einmal versuchen, das Problem aus der Welt zu schaffen. Dies ist zugegebenermaßen im vorliegenden Fall nicht so einfach, ist die problematische Situation doch nur durch eine Impfung tatsächlich zu bereinigen. Aber auch, wenn es sich hier um einen Eingriff in den eigenen Körper handelt, lohnt es sich, das Gespräch zu suchen, vor allem wenn eine Impfung bislang aus Angst nicht wahrgenommen wurde.

 

Für Arbeitgeber, die Mitarbeiter von der Impfung überzeugen möchten:

Wichtig ist, dass Sie Ihre bislang ungeimpfte Arbeitnehmer:in ernstnehmen. Sprechen Sie zugewandt und freundlich. Machen Sie klar, dass Sie sehr ungern auf die Arbeitskraft der entsprechenden Person verzichten wollen würden und fragen Sie behutsam, ob eine Impfung nicht vielleicht doch andenkbar ist. Gehen Sie auf die Antworten der Arbeitnehmer:in ein. Vermeiden Sie unbedingt Vorwürfe. Vielleicht gelingt es Ihnen, eventuelle Ängste aus dem Weg zu räumen oder vielleicht stellen Sie fest, dass die Arbeitnehmer:in ein tatsächliches medizinisches oder psychisches Problem hat, dann können Sie vielleicht eine Ärzt:in vermitteln, die ein Attest ausstellt.

Schwierig wird es sicherlich, wenn politische oder anderweitige Aspekte als Gründe für die bislang nicht erfolgte Impfung genannt werden. Machen Sie in diesem Fall klar, dass Sie die Arbeitnehmer:in ab dem 15.03.2022 nicht mehr werden beschäftigen können bzw. dürfen. Erklären Sie, dass dies zu einer Abmahnung und auch zu einer Kündigung führen kann, schließlich kann bei Nicht-Impfung ab dem 15.03. die Arbeitskraft nicht mehr angeboten werden. Machen Sie auch klar, dass es in diesem Fall nicht um eine Willensentscheidung geht, sondern dass Sie als Arbeitgeber eventuell keine andere Wahl haben, als von der Arbeit freizustellen bzw. zu kündigen. Grundsätzlich gibt es jedoch auch die Möglichkeit, ungeimpfte Beschäftigte schlicht freizustellen, ohne das Arbeitsverhältnis zu beenden. So bleibt eine Bindung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bestehen und bei Auslaufen der Impfpflicht oder falls ein Gericht die Unwirksamkeit des Gesetzes feststellen würde, muss kein neuer Vertrag geschlossen werden.

 

Für Arbeitgeber, die selbst nicht von der Impfpflicht überzeugt sind:

Auch wenn hier erst einmal weniger Konfliktpotential zu lauern scheint, wenn ungeimpfte Arbeitnehmer:innen auf einen ungeimpften Arbeitgeber treffen, bringt die gesetzliche Verpflichtung doch eben genau dieses Potential in den Betrieb hinein. Denn Fakt ist: Wenn Sie als Arbeitgeber ab dem 15.03.2022 Ungeimpfte in Ihrem Betrieb beschäftigen, bekommen Sie Probleme, die bis zum Entzug der Betriebserlaubnis gehen können. Mit einem Bußgeld wäre jedoch in jedem Fall zu rechnen.

Rechtlich gesehen bleibt Ihnen momentan nur, die Impfpflicht als solches anzugehen. Dies müsste im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geschehen. Sollte ein Bußgeldbescheid wegen der Beschäftigung ungeimpfter Arbeitnehmer:innen erlassen werden, kann auch gegen einen solchen vor Gericht vorgegangen werden. Die Frage, ob die gesetzliche Regelung rechtmäßig ist, wäre dann ebenso zu prüfen.

Ob solche Verfahren erfolgreich sein könnten, ist schwer einzuschätzen. Einerseits haben Gerichte in der Vergangenheit oft im Sinne des Gesetzgebers entschieden, andererseits wird mit zunehmendem Wissen um die Wirksamkeit der Impfstoffe immer klarer, dass diese keine so genannte sterile Immunität erzeugen. Dies könnte dazu führen, dass Verfahren in Zukunft anders bewertet werden und die Impfpflicht ggf. überdacht wird.

 

Für Arbeitnehmer:

Ihr Arbeitgeber ist spätestens zum 15.03.2022 verpflichtet, Ihren Impfstatus zu kennen. Kennt er diesen nicht oder hat er Zweifel an der Echtheit eines Impfzertifikats, muss er dies dem Gesundheitsamt melden. Dieses kann dann ein Tätigkeitsverbot aussprechen. Gegen ein solches Verbot können Sie allerdings Widerspruch einlegen oder eine Anfechtungsklage erheben. Das Problem ist jedoch, dass diese Rechtsmittel keine so genannte aufschiebende Wirkung haben. Während der Zeit, in der ein Tätigkeitsverbot nicht offiziell zurückgenommen worden ist, dürfen Sie also nicht beim aktuellen Arbeitgeber arbeiten, auch wenn Sie sich rechtlich gegen das Verbot zur Wehr setzen.

Ein Arbeitsverbot wiederum wird rechtlich so gewertet, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihre Arbeitskraft nicht anbieten können. Es ist daher möglich, dass Ihr Arbeitgeber Sie abmahnt oder Ihnen kündigt. Auch gegen eine Kündigung kann man sich allerdings wehren. Ziel einer Klage könnte z.B. sein, eine andere Tätigkeit zugewiesen zu bekommen, die z.B. keinen Patientenkontakt beinhaltet. Auch eine vorübergehende Freistellung von der Arbeit ist denkbar. Da diese jedoch unentgeltlich erfolgen würde, funktioniert dies nur bei ausreichenden finanziellen Reserven oder der Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis ruht und sie in der Zwischenzeit in anderen Bereichen tätig sind, etwa im Einzelhandel, wo eine Impfpflicht nicht gilt.




Dezember 2021

 

Urlaubstage und Kurzarbeit

 

Was ist passiert?

 

Eine Arbeitnehmerin, die wegen Corona in Kurzarbeit geschickt wurde, hat drauf geklagt, dass Arbeitstage in Kurzarbeit wie Arbeitstage gewertet werden sollen und nicht etwa – wie die Arbeitgeberseite meinte – als freie Zeit. Für die Anzahl an Urlaubstagen pro Jahr ist es entscheidend, wie viele Tage man wirklich arbeitet.
Mittlerweile ist die Klage durch alle Instanzen gelaufen und auch das Bundesarbeitsgericht hat, ebenso wie beide Gerichte davor, entschieden, dass Kurzarbeitstage keine Arbeitstage sind. Die Anzahl der gewährten Urlaubstage für das Jahr mit Corona-Kurzarbeit (bei der Klägerin ging es um das Jahr 2020) darf also geringer angesetzt werden.

 

Was kann man tun?

Zum einen sollte und darf man die Zeit, in der man wegen Corona-Kurzarbeit von der Arbeit freigestellt ist, tatsächlich für sich nutzen. Wenn gerade kein Beherbergungsverbot herrscht, kann man also ruhig in Urlaub fahren.

Außerdem gilt – wie fast immer – der Grundsatz: Miteinander sprechen hilft! Wenn etwas dagegenspricht, sich in der freien Zeit, die durch Kurzarbeit entsteht, wirklich zu erholen, etwa weil keine Ferien sind und Homeschooling auf dem Programm steht, sollte dies offen und ehrlich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite kommuniziert werden. Vielleicht finden sich Regelungen, die für die persönliche Situation passend sind.



Wo ist der Unterschied zwischen den Entscheidungen (Oktober und Dezember)?

 

Die Mitarbeiterin in dem vom BAG entschiedenen Fall (Dezember) war jeweils ganze Monate (April, Mai und Oktober) in Kurzarbeit. In der Entscheidung aus dem Juni (Text hier aus Oktober) hingegen wurde über Kurzarbeit und Urlaubskürzung entschieden, wenn nur an einzelnen Tagen Kurzarbeit stattfand.

 

Das heißt konkret: Es gibt viele verschiedene Arten von Kurzarbeit. Der eine arbeitet ganze Wochen oder sogar Monate nicht und weiß das auch im voraus. Es kann aber auch sein, dass man zwar zunächst nicht arbeitet, aber Bereitschaft hat. In so einem Fall kann man zwar den freien Tag genießen, aber nicht in Urlaub fahren. Oder man arbeitet sogar nur insgesamt weniger. Wenn man z.B. anstatt jeden Tag acht Stunden in Kurzarbeit nur vier Stunden jeden Tag arbeitet, hat man zwar weniger Arbeitszeit, aber keinen wirklich freien Tag.

 

Deshalb ist es wichtig zu schauen, von welcher Art von Kurzarbeit man „betroffen“ ist. Nur weil der eine seinen Urlaub gekürzt bekommt, muss das für die andere noch lange nicht gelten!




Oktober 2021


Keine Urlaubskürzung bei Kurzarbeit


Was ist passiert?


Im März (siehe unten) habe ich über die Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 12.03.2021 berichtet, nach welcher die Kürzung des Urlaubsanspruchs für die Zeiträume von Kurzarbeit „Null“ grundsätzlich zulässig sein soll.

Nunmehr zeigt sich die Stärke der richterlichen Unabhängigkeit. Das Arbeitsgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 08.06.2021 (3 Ca 108/21 - Berufung zugelassen zum LAG Niedersachsen) abweichend entschieden. Nach dieser Entscheidung darf das Unternehmen, wenn Kurzarbeit „Null“ an einzelnen Tagen angeordnet worden war, den Jahresurlaub nicht anteilig im Verhältnis zu den Jahresarbeitstagen kürzen. Dies insbesondere dann nicht, wenn eine kurze Ankündigungs- und Rückholfrist vereinbart wurde. Begründet wird dieses damit, dass Kurzarbeit nicht die gleiche Wirkung wie ein länger andauerndes Ruhen des Arbeitsverhältnisses, etwa bei einem Sabbatical oder während der Elternzeit, hat. Auch bestehe keine vergleichbare Gesetzeslage zum Teilzeitrecht. Da keine gesetzliche Regelung besteht, wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Urlaubsanspruch unangetastet bleiben soll.


Was sollte man machen?


Klar dürfte sein, dass im Zusammenhang mit der Erweiterung der Regelungen über die Kurzarbeit Unklarheit in der Rechtsprechung herrscht, ob und wenn ja, wie die Kurzarbeit einen Einfluss auf den Urlaubsanspruch hat. Dies unabhängig davon, ob Kurzarbeit „Null“ für längere Zeit zusammenhängend oder an einzelnen Tagen gewährt wird. Unklar ist auch, ob zum Beispiel Ankündigungsfristen zur Anordnung der Kurzarbeit eine Rolle spielen (planbare Freizeit) und wie es zu behandeln ist, wenn zum Beispiel eine Vollzeittätigkeit in eine Teilzeittätigkeit bei gleich bleibenden Arbeitstagen pro Woche als Kurzarbeit gestaltet wurde.

Da hier keine klare Linie erkennbar ist, sollten Arbeitnehmer:innen in jedem Fall versuchen, für jede Art der Kurzarbeit eine klare Lösung mit der Arbeitgeberseite bezogen auf etwaig gekürzten Urlaub zu treffen. Ein Antrag auf Urlaubsgewährung im laufenden Urlaubsjahr ist sinnvoll und hilfreich. Hierbei ist grundsätzlich der ungekürzte Jahresurlaub zu unterstellen. Sollte dieser Antrag abgelehnt werden, bliebe sodann als letzte Möglichkeit, die Gutschrift des Urlaubs zum Urlaubskonto klageweise zu verfolgen. Die Geltendmachung des Urlaubs ist insbesondere unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verfallfrist (31. März des Folgejahres) unbedingt zu empfehlen.




Kein Entgeltanspruch für geringfügig Beschäftigte bei „Lockdown-Schließung“


Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 13.10.2021 (5 AZR 211/21) entschieden, dass geringfügig Beschäftigten (450-Euro-Job) kein Anspruch auf Lohnzahlung durch den Arbeitgeber zusteht, wenn der Betrieb infolge einer staatlichen Corona-Maßnahme (Verordnung) geschlossen wird.


Was ist passiert?


Eine geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin im Verkauf durfte wegen der Schließung des Ladengeschäfts in Folge einer Corona-Verordnung aus dem März 2020 nicht arbeiten. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Vergütung zu zahlen und die Arbeitnehmerin klagte den Lohn ein. Begründet wurde dies damit, dass die Schließung des Betriebs aufgrund behördlicher Anordnung (Corona-Verordnung) erfolgt ist und das Risiko daher vom Arbeitgeber zu tragen sei. Die Klägerin hatte ihre Arbeitskraft angeboten. Die Arbeitskraft konnte aber nicht angenommen werden.


Was hat das Gericht entschieden?


Das höchste deutsche Arbeitsgericht hat nunmehr entschieden, dass ein Anspruch nicht besteht. Der Arbeitgeber trägt nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn wegen einer „epidemischen Notlage“ aufgrund behördlicher Anordnung eine Tätigkeit verboten ist. Hier realisiert sich nicht das sogenannte „Betriebsrisiko“. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Betrieb wegen eines Schädlingsbefalls geschlossen werden muss. Hier hat jedoch eine allgemeine Lockdown-Maßnahme zur Betriebsschließung geführt. Da der Arbeitgeber hierfür nicht verantwortlich ist, entfällt der Lohnanspruch.


Was kann man tun?


Für den Gesetzgeber:

Geringfügig Beschäftigte haben - auch laut Aussage dieses Urteils - keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern lediglich auf „Hartz IV“, wenn Bedürftigkeit besteht. Dies ist bewusst vom Gesetzgeber so geregelt. In der Pandemie fielen und fallen demzufolge geringfügig Beschäftigte durch das soziale Netz. Selbst wenn Ihnen gekündigt wird, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Hier müsste der Gesetzgeber tätig werden und die rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend ändern.


Für Arbeitnehmer:

Auch wenn wir alle hoffen, dass es nicht mehr zu Lockdowns kommt, können Sie vorsorglich mit der Arbeitgeberseite sprechen, inwieweit Ihr Lohn so aufgestockt werden könnte (mindestens 450,01 € brutto), dass Sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Dann haben Sie zwar Sozialabgaben zu leisten, der Nutzen (Anspruch auf Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld) ist jedoch erheblich.




September 2021


Keine Vergütung für Ungeimpfte bei Corona-Quarantäne?

 

Was ist passiert?


In mehreren Bundesländern wurde bereits beschlossen, dass für nicht geimpfte Menschen demnächst kein Entschädigungsanspruch bei Quarantäne mehr besteht. Das heißt, wenn man die Aufforderung, sich in Quarantäne zu begeben erhält und deswegen nicht zur Arbeit gehen kann, wird kein Lohn – und auch keine Ersatzleistung – mehr gezahlt. Begründet wird dies damit, dass eine Impfung schließlich vor der Infektion und somit vor der Quarantäne schützen könne und die betroffenen Menschen somit selbst schuld an der Situation wären, weswegen die Allgemeinheit dafür nicht aufkommen müsse.

 

Warum ist das ein Problem?


Um überhaupt festzustellen, ob der quarantänisierte Mitarbeiter geimpft ist oder nicht, muss der Arbeitgeber dies abfragen können. Derlei gesundheitliche Abfragen waren bislang in den allermeisten Berufsgruppen ein Tabu (Ausnahmen bezogen auf einige Schutzimpfungen und Erkrankungen waren schon immer möglich in besonders sensiblen Bereichen wie in der Medizin oder bei Auslandseinsätzen).

Rechtlich problematisch ist weiterhin, dass ehrliche Arbeitnehmer:innen, die offen kommunizieren, dass sie nicht geimpft sind, durch diese Regelung Gefahr laufen, quasi bestraft zu werden, da sie eine ungewisse Zeit (je nachdem wie lange die Quarantäne angeordnet wird) ohne jegliche Zahlungen zuhause bleiben müssen.

 

Was kann man tun?


Eine vertrauensvolle Kommunikation sollte von beiden Seiten angestrebt werden.

Eine Lösung könnte z.B. sein, die quarantänebedingten Fehlzeiten mit Überstunden auszugleichen oder auch Urlaub zu gewähren. Hier muss jedoch angemerkt sein, dass dies ganz offensichtlich zu Lasten der Arbeitnehmer:innen geht, aber ggf. zumindest Ärger mit der Arbeitgeberseite vermeidet und den Geldfluss sicherstellt.

Zweifel an der generellen Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens auf Länderebene, keine Entschädigung zu leisten, sind angebracht. Entsprechende Entscheidungen sollte man gerichtlich überprüfen lassen.




Juli 2021


Urlaub und Quarantäne

 

Was ist das Problem?


Hat man als Arbeitnehmer:in Urlaub gewährt bekommen und entscheidet das zuständige Gesundheitsamt wegen einer Coronainfektion auf häusliche Quarantäne für den gleichen Zeitraum, besteht kein Anspruch auf Gutschrift des Urlaubs.

Das hat das Arbeitsgericht Bonn am 07.07.2021 (2 Ca 504/21) entschieden. Die Regelung des § 9 BUrlG, nach welcher Urlaub gutzuschreiben ist, wenn man während des Urlaubs erkrankt, ist nach Ansicht des Gerichts nicht auf eine Quarantäneanordnung nach dem IfSG anwendbar. Um den Verfall des Urlaubs zu verhindern, müsse man sich separat mit dem behandelnden Arzt in Verbindung setzen und bei tatsächlicher Erkrankung eine Krankschreibung zur Vorlage beim Arbeitgeber besorgen. Dies war nicht geschehen.

Da nach Wertung des Gerichts eine Infektion mit dem Coronavirus nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit führt, war der Urlaub verfallen.



Was kann man tun?


Dieses Urteil kann auch Auswirkungen auf Pflichtquarantänen nach einer Urlaubsreise haben. Hier sollte man die Rechtsprechung – und natürlich auch die aktuellen Verordnungen und Anordnungen zum Thema Corona – gut im Blick behalten.

Ganz wichtig ist es auch, mit dem Arbeitgeber offen und ehrlich zu kommunizieren. Vielleicht finden Sie gemeinsam eine Lösung.



April 2021


Rückkehr aus einem „Corona-Risikogebiet“ (zum Beispiel Mallorca) - arbeitsrechtliche Probleme!

 

Was ist das Problem?


Das RKI stuft Gebiete als Risikogebiet ein oder nicht. Wegen der zuletzt sehr geringen „Inzidenzwerte“ auf den Balearen wurden diese am 14.03.2021 nicht mehr als Risikogebiet eingestuft und die Buchungszahlen für einen Urlaub dort gingen sprunghaft in die Höhe. Klar ist, dass die heimische Tourismuswirtschaft darüber enttäuscht ist, da sie selbst derzeit keine Gäste empfangen kann. Die hieraus redultierende Diskussion führt dabei allerdings zu einer Verschiebung des Begriffs "erlaubt". Denn weiterhin gilt: Reisen - egal in welches Land - sind für Deutsche nicht verboten. Insoweit kann auch eine Reise, etwa nach Mallorca, nicht „erlaubt“ werden. Aber ist ein Urlaub, etwa auf Mallorca, arbeitsrechtlich als Besonderheit anzusehen? Und was bedeutet dies im Einzelnen?

 


Was kann man tun?


Für Arbeitnehmer:

In jedem Bundesland gibt es eine Verordnung, welche meist eine Quarantäne bei einer Rückreise aus einem Risikogebiet unterschiedlicher Dauer vorsieht. Meist gibt es dann die Möglichkeit, in einem näher bestimmten Zeitraum durch Vorlage eines negativen Tests die Quarantäne zu verkürzen. Bei Rückreise aus einem Risikogebiet und staatlich angeordneter Quarantäne besteht kein Lohnanspruch. In Anbetracht des Urlaubs und in Kenntnis der Quarantäneverordnung wird in Kauf genommen, verhindert zu sein und nicht arbeiten zu können. Hier gilt dann der Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“.

Auch besteht dann kein Anspruch nach § 56 IfSG (Infektionsschutzgesetz), wenn zum Zeitpunkt des Reiseantritts das Urlaubsgebiet bereits als Risikogebiet eingestuft war. Sollten das Urlaubsland bei Buchung noch nicht als Risikogebiet eingestuft sein, bei Antritt der Reise jedoch schon, entfällt ebenfalls sowohl der Lohn- als auch der Entschädigungsanspruch. Anders sieht es jedoch aus, wenn bei Reiseantritt das besuchte Land nicht Risikogebiet ist. Selbst wenn das Land während des Aufenthalts dort zum Risikogebiet erklärt wird, bleibt der Anspruch auf Entschädigung bestehen.


Für Arbeitgeber:

Die Frage, wo Urlaub gemacht wird, muss nicht beantwortet werden. Insoweit sollte man sich die Frage, ob es etwa „nach Mallorca“ gehe, sparen.

Auch dürfte es nicht zulässig sein, nach Rückkehr aus dem Urlaub einen Corona-Test zu verlangen. Nur dann, wenn etwa aufgrund der Eigenart der Tätigkeit ohnehin regelmäßig getestet wird und hierüber gegebenenfalls eine Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung abgeschlossen wurde, muss auch nach Rückkehr aus dem Urlaub hieran teilgenommen werden. Eine freiwillige Testung ist jedoch grundsätzlich möglich.

Sollten man aufgrund der Fürsorgepflicht davon ausgehen, dass ein erhöhtes Infektionsrisiko von aus dem Urlaub zurückkehrenden Beschäftigten ausgeht, besteht die Möglichkeit, diese in „Quarantäne“ zu schicken, mithin freizustellen. Der Lohn muss dann jedoch weitergezahlt werden.



April 2021


Kündigung wegen „wegen Corona“ - geht das?

 

Was ist das Problem?


Immer noch führen die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie in vielen Bereichen dazu, dass nicht gearbeitet werden darf, der Betrieb in Kurzarbeit steckt oder schlicht und einfach die Produktion runtergefahren wird, da der Absatzmarkt und die Nachfrage nicht mehr vorhanden bzw. erheblich geschrumpft ist. Dies kann dazu führen - da für viele Betriebe die Kosten weiterlaufen, die Umsätze jedoch ausfallen und staatliche Hilfen nicht geeignet sind, den Umsatzrückgang aufzufangen -, dass Kündigungen ausgesprochen werden. Doch ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses „wegen Corona“ überhaupt rechtlich zulässig?

Grund für eine ausgesprochene Kündigung muss nicht immer die Corona-Pandemie sein. Zwischenzeitlich haben bereits mehrere Arbeitsgerichte entschieden, dass Kündigungen, welche „wegen Corona“ ausgesprochen wurden, nicht wirksam sind. Allein der Hinweis auf einen starken Umsatzrückgang muss nicht automatisch eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen (ArbG Berlin vom 25.08.2020, u. a. 34 Ca 6664/20). So müsse etwa begründet werden, weshalb es sich nicht um eine kurzfristige Auftragsschwankung handelt und inwieweit andere Möglichkeiten, die Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten, geprüft wurden. Dies betrifft auch eine etwaige Möglichkeit, die Tätigkeit im Home-Office durchzuführen (ArbG Berlin vom 10.08.2020 – 19 Ca 13189/19) oder Kurzarbeit zu beantragen. Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies dagegen, dass der Beschäftigungsbedarf dauerhaft gesunken ist. Demzufolge bestehen gute Möglichkeiten, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist (ArbG Berlin vom 05.11.2020 - 38 Ca 4569/20).


Was kann man tun?


Für Arbeitnehmer:

Sollte man eine Kündigung erhalten, ist es unbedingt ratsam, diese rechtlich überprüfen zu lassen. Eine Kündigungsschutzklage ist möglich.


Für Arbeitgeber:

Sollten die Umsätze, etwa wegen einer vollständigen Schließung des Betriebs, auf absehbare Zeit, ausfallen, ist es unbedingt ratsam, vor Ausspruch einer Kündigung sämtliche anderen Möglichkeiten, welche den Arbeitsplatz erhalten, sorgfältig zu prüfen. Auch eine vertragliche Wiedereinstellungszusage wäre hier ein probates Mittel, da nach Wiedereröffnung die Tätigkeit mit versierten und motivierten Mitarbeiter:innen wieder aufgenommen werden kann.



März 2021


Kürzung des Urlaubsanspruchs bei „Kurzarbeit Null“

 

Was ist das Problem?


Das LAG Düsseldorf (Az. 6 Sa 824/20) hat am 12.03.2021 entschieden, dass Urlaubsansprüche während Kurzarbeit Null nicht entstehen und demzufolge der Urlaubsanspruch insgesamt gekürzt werden kann. Weder das deutsche Arbeitsrecht noch das Europarecht sprechen gegen eine Kürzung, da Kurzarbeit Null nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen ist. Das BAG wird diese Entscheidung vermutlich bestätigen, da z. B. in der Freistellungsphase in der Altersteilzeit sowie bei unbezahltem Sonderurlaub (Sabbatical) ebenfalls keine Urlaubsansprüche entstehen.

 

Was kann man tun?


Wenn im laufenden Jahr trotz Kurzarbeit Urlaub geplant ist, sollte hier rechtzeitig zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Gespräch gesucht werden. Auch kann eine Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung geschlossen werden, um zu vermeiden, dass der Urlaub gekürzt wird oder zumindest in geringerem Umfang entsteht. Sollte man als Arbeitgeber planen, den Urlaub wegen der Kurzarbeit Null tatsächlich zu kürzen, sollte dieses klar kommuniziert werden. Iim Interesse aller Beschäftigten sollte etwaig bestehende Arbeit gleichmäßig verteilt werden, um die Folge des Wegfalls des Urlaubs zu vermeiden.


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